Illusion einer Metropole
eine mediale Installation für den Hackeschen Markt in Berlin-Mitte
In Illusion einer Metropole wird der Ort selbst zum Mittelpunkt der künstlerischen Aussage. Als Repräsentant städtischer Bewegung, wird der Hackesche Markt und seine unmittelbare Umgebung zum Objekt der Simulation. Die Collage aus real eingespiegeltem und projiziertem Raum hat ihren Standort auf der Grünfläche vor dem S-Bahnhof Hackescher Markt, genannt Zwirngrabendreieck.
Installation
Wichtig ist es den Ort in seiner Gesamtwirkung als einladenden, ruhigen Platz zu gestalten. Von drei idealisierten Betrachterstandorten (point of view) aus gesehen, öffnen sich dem Passanten verschiedene Blickwinkel, unterstützt durch die Setzung von Baumreihen bzw. -gruppen, werden wichtige Punkte der Umgebung als Orientierung, akzentuiert.
Um im Kontext des Ortes die notwendige optische Ruhe zu schaffen, ist ein ebenerdiges, 4m in die Erde eingebautes “Spiegelbecken”, Bestandteil der Gestaltung. Eine Seite des Objektes liegt in der Flucht der Gebäudeachsen der “Neuen Promenade 2” und “Hackescher Markt 4” und die andere folgt dem Verlauf der Strasse “Neue Promenade”. Die Seitenlängen betragen 13 und 8 m, die optisch über den Platzbelag verlängert werden. Die schräg in die Tiefe verlaufenden, dreiecksförmigen Spiegel, sind fächerartig angeordnet und zeigen in Richtung Norden, um die Architektur rund um das Zwirngrabendreieck -realer Raum- aus verschiedenen Blickwinkeln einspiegeln zu können.
An den Seiten des Objektes befinden sich zwei halbdurchlässige Spiegel, die als Projektionsfläche für zwei dahinter liegende Projektoren dienen. Als Abdeckung dient eine grosse beghebare Glasfläche, die eine zusätzliche Reflexionsebene formuliert.
Stadtsequenzen
In Echtzeit aufgenommene, von vier verschiedenen Kamerastandorten (A-D) um den Hackeschen Markt stammende Sequenzen, speisen zwei Projektoren im Inneren des Spiegelobjektes. Vier Ansichten eines urbanen Raumes werden an einen fünften visuell transponiert und collagiert, welches eine Aufhebung realer und eine Neuformulierung virtueller Örtlichkeit zur Folge hat. Die Kameras sind an den jeweiligen Standorten fest installiert und statisch. Über ein computergesteuertes System werden die Projektoren über Funk mit der Bildinformation gespeist und in einer randomgesteuerten Abfolge gesendet.
Jeder Kamerastandpunkt hat eine ihm eigene Bildsprache. So formuliert sich z.B. Bewegung in Unschärfe, um ihre Flüchtigkeit, den Moment zu unterstreichen(shutterspeed). Ein Kameravorbau dient zur collagenhaften Formulierung des öffentlichen Raumes und vervielfätigt gleichzeitig über mehrere Reflexionsebenen Bewegung. Ausschlaggebend für das bildästhetische Konzept, Bildkomposition, in den einzelnen Kameras ist zum Einen, die dreiecksförmige Projektionsfläche und zum anderen die Aufnahmefähigkeit des Rezipienten, bezogen auf die Geschwindigkeit dargestellter Bewegung, im Moment der Projektion. So entwickelt sich eine Bildsprache, die nicht für die normale Betrachtersituation Betrachter-Monitor, gemacht ist, sondern immer in Interaktion mit dem Spiegelobjekt gesehen wird.
Die Filmsequenz dient der Simulation im Modell. Die im Vorfeld am Hackeschen Markt live aufgenommenen Sequenzen werden über zwei Projektoren in ein masstabsgetreues Modell M 1.25 hineinprojiziert. Zur Verstärkung der Simulation hören die Besucher eine Originalathmo (Rundumbeschallung) des städtischen Raumes Hackescher Markt ( hier in der Sequenz zu hören).
Betrachter
Der Betrachter vermag nicht mehr zwischen Natürlichem und Künstlichem, zwischen dem konkreten dreidimensionalen Gegenstand und dessen zweidimensionalen Abbild zu unterscheiden und taucht ein in die Simulation und Virtualität. In dem Moment, in dem der Betrachter von den Spiegeln “erfasst” wird, wird er Bestandteil des Objektes. Der von seinen räumlichen Beziehungen abgekoppelte Körper, wird vervielfältigt, fragmentiert. Verändert er seinen Standort, verändert sich simultan die optische Form der Spiegelungen.
Raum-Kombinationen
In Illusion einer Metropole wird die zweidimensionale Form einer Projektion in einen dreidimensionalen, architektonischen Visualisierungsraum verwandelt. Eine Mehrzahl von Reflexionen innerhalb des Spiegelobjektes ermöglichen eine vielschichtige Materialisierung der Bilder, während der Betrachter Teil des filmischen Ereignisses wird. Über die Vielfalt der Spiegelungen werden immer wieder neue Formen virtueller Räumlichkeiten fomuliert, die sich kaleidoskopisch aufzulösen scheinen. Spontan sind diese Kompositionen nicht erfahrbar, erst durch einen Moment des Verweilens ist es möglich optische Anhaltspunkte zu entdecjken und diese dann zuzuordnen. Das Objekt ist keine starreEinheit, sondern es läßt sich auf sein Umfeld ein und nimmt jede Veränderung mit sofortiger Wirkung in sich auf. Die Symbiose von real, eingespiegelten und projizierten Raum-Kombinationen macht den Ort zu einem Erlebnis. Bildraum und physikalischer Raum, Bildkunst und Raumkunst verschmelzen miteinander.
Sabine Jank 1999
Schreibe einen Kommentar