A Walk through Friendship
Szenografisches Konzept für die Ausschreibung des Deutschen Hygiene Museums Dresden für die geplante Ausstellung „Freundschaft“ 2014
Neben dem Sammeln, Konservieren und Exponieren besteht ein wesentlicher Bestandteil der musealen Arbeit im zeitgemäßen Wissenstransfer, dem Kommunizieren von Inhalten und Kontexten und der Verortung des Ausgestellten für verschiedene Communities. Aber was bedeutet in unserem Falle zeitgemäß? Wie machen wir das Thema Freundschaft in seiner Komplexität für die vielen verschiedenen AusstellungsbesucherInnen, erlebbar und wie binden wir diese, intrinsisch motiviert, ein? Wir, das KuratorInnenteam, wollen das sehr breite und vor allem junge Publikum zu Aktivitäten in der Ausstellung motivieren, den interpersonellen Dialog fördern und Publikumsbeiträge in das Ausstellungsformat integrieren.
Aufgrund dieses partizipativen Ansatzes begreifen wir die Ausstellung „A Walk Through Friendship“ (AT) als ein Labor für Freundschaft, in dem soziokulturelle und historische Hintergründe aufgezeigt und mit aktuellen Perspektiven der BesucherInnen kontextualisiert werden. Hierbei stehen die beiden Interdependenzen der meist ideelen Vorstellung von Freundschaft und die der gelebten und erlebten Realitäten von Freundschaft im Fokus, um die mögliche Kluft zwischen äußerer Erscheinung und innerer Realität von Freundschaft transparent zu machen.
In der Ausstellung „A Walk through Friendship“ (AT) wollen wir neue Interaktions- und Kommunikationsformen aufbauen, indem wir in intelligenter Weise in einem kollaborativen Handlungsraum wissenschaftliche Inhalte mit Spieleprinzipien verknüpfen.
Nach Jane McGonigal[1], US amerikanische Spieleentwicklerin, liegen jedem Spiel vier Kernelemente zugrunde: Das Ziel, die Regeln, das Feedbacksystem und die freiwillige Teilnahme. Dies bedeutet in unserem Kontext, dass wir die wissenschaftlichen Inhalte der Ausstellung in eine narrative Struktur übersetzen, die einer nonlinearen und modularen Dramaturgie folgt. Dafür kommt die narrative Darstellungsform der ´Perspektivierung´ zum Einsatz. So kann dem Publikum, in eigens für die Ausstellung entwickelten ´Identitäten´, das Thema Freundschaft in seinen vielfältigen Facetten spielerisch vermittelt werden.
Es entsteht ein kollektiver Handlungsrahmen, ein Affinity Space[2], in dem nach James Paul Gee informelles Lernen möglich wird. Affinity Spaces unterstützen sowohl spezialisiertes als auch weniger spezialisiertes Wissen, und bringen so Laien und Experten in einem kollaborativen Handlungsraum zusammen. Sie bieten nachhaltige Unterstützung und Befähigung individuelles Wissen seiner Akteure mit dem Wissen von anderen Menschen und anderen Plattformen zu kombinieren und zu vernetzen. Nach James Paul Gee erzeugen Affinity Spaces veränderbare Strukturen mit Rückkopplungsmechanismen. Affinty Spaces beinhalten kollaborative Inhalte, haben mehrere Formen des Zugangs und ermöglichen es über ‚Generatoren‘[3] neue Inhalte zu generieren. Die verschiedenen Zugänge eines Affinity Spaces erlauben den Teilhabenden den Zugriff auf, und die Interaktion mit allen Inhalten. Autorisiert die Ausgestaltung der Zugänge, wie z.B. Blogs, Meetings, Sessions etc., dort Inhalte zu ergänzen und zu verändern, entstehen durch aktive Teilhabe neue Zugänge und Generatoren. Da Generatoren, maßgeblich für die Entstehung von Inhalten verantwortlich sind, erweitern und ergänzen diese die inhaltliche Organisation der Ausstellung. Ein reflexives System, in dem die Ergebnisse der Teilhabe in die Inhalte einfließen und diese verändern.
Da wir den Ausstellungsraum als kollaborativen Handlungsraum begreifen, transformieren wir die Konzeptansätze des „Affinity Space“ in die Ausstellung „A Walk through Friendship“ (AT). Dabei entwickeln wir das szenografische Konzept nicht wie üblicherweise, ´nur´ von der inhaltlich, gestalterischen Ebene her, sondern auch sehr gezielt von der Ebene der konstruktiven Teilhabe.
Denn, …Das Wecken von Interesse und das potenzielle Andocken an die BesucherInnen und ihre Bedürfnisse und Fragen ermöglicht einen gemeinsamen Erfahrungs- und Handlungsraum, in dem das Vergangene im Heute verortet wird, und kulturelle (normative, narrative) Aspekte des kollektiven Gedächtnisses verhandelt werden können…(Divjak S.96)[4]
Im Unterschied zum statischen Raum erzeugt der Affinity Space stärkere soziale Bindungen und aktivere soziale Netzwerke und fördert so prosoziale Emotionen. Die Ausstellung gibt auf diese Weise einen kollektiven Handlungsrahmen, in dem das Publikum spielend ihre persönlichen Erfahrungen und Eindrücke zum Thema Freundschaft in das System „einspeisen“ und mit wissenschaftlichen und historischen Modellen Realitäten abgleichen können, und dieses dadurch erweitern.
Die Architektur der Ausstellung stellt die dafür notwendigen räumlich, medialen Strukturen zur Verfügung. Geprägt von wiederverwertbaren Materialien und modularer Bauweise wird die Architektur von einem Konzept der Nachhaltigkeit getragen.
[1] Mc Gonigal, Jane (2011), S. 33ff.
[2] Gee, James Paul (2003)
[3] Anm.: Als Generatoren bezeichnen wir alles was uns in einer Ausstellung inspiriert; Objekte, Sammlungen, Texte, Expertise usw.
[4] Divjak, Paul (2010), Integrative Inszenierungen. Zur Szenografie von partizipativen Räumen. Dissertation. Universität Wien
in Zusammenarbeit mit Thomas Hammacher, Essen 2013
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